Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat sieben Monate vor Beginn der Europameisterschaft im eigenen Land einen herben Dämpfer erlitten. Die Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann, der sein Debüt als Bundestrainer im eigenen Land gab, verlor das Testspiel gegen die Türkei mit 2:3.
Eine besondere Rolle spielte dabei das Publikum im ausverkauften Berliner Olympiastadion. Die Ränge waren fest in türkischer Hand, vor allem der deutsche Kapitän İlkay Gündoğan wurde immer wieder von lautstarken Pfiffen begleitet.
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Stimmungstest schon vor dem Anpfiff
Ein erstes Stimmungsbild erhielten die deutschen Nationalspieler bereits vor dem Anpfiff. Bei der Verlesung der deutschen Startaufstellung gab es laute Pfiffe, die sich vor allem der türkischstämmige Kapitän İlkay Gündoğan anhören musste. Spätestens jetzt wusste die Mannschaft, dass sie heute kein normales Heimspiel erwarten durfte. Lobenswert war hingegen, dass die Gästefans während der deutschen Nationalhymne respektvoll schwiegen.
Trainer Nagelsmann schickte eine veränderte Elf aufs Feld. Linksverteidiger war überraschend Kai Havertz, im Tor stand Kevin Trapp für den kurzfristig ausgefallenen Marc-André Ter Steegen. Zudem rückten Julian Brandt, Benjamin Henrichs, Joshua Kimmich und Niclas Füllkrug im Vergleich zum Test gegen Mexiko neu ins Team.
Kniff mit Havertz geht früh auf
Bereits nach fünf Minuten sah sich Nagelsmann mit der überraschenden Aufstellung von Kai Havertz bestätigt. Henrichs schickte Leroy Sané auf die Reise, der den einschussbereiten Havertz zur deutschen Führung bediente. Ab der 25. Minute gab Deutschland aber das Heft des Handelns zusehends aus der Hand. Zwei Tore der Türken noch vor der Pause waren die Folge.
Die Spiele der deutschen Nationalmannschaft 2023 in der Übersicht
Zunächst schlug Innenverteidiger Abdülkerim Bardakci einen langen Ball nach vorne, den der aufgerückte Linksverteidiger Ferdi Kadioglu nach schwacher Abwehr von Henrichs und Sané zum Ausgleich verwertete. Mit dem Pausenpfiff fiel der nächste Gegentreffer. Kaan Ayhan schlug eine seitliche Flanke in den Strafraum, wo Kenan Yildiz von Juventus Turin völlig frei zum 1:2 aus deutscher Sicht einschoss.
Füllkrugs schnelle Antwort
Nach dem Seitenwechsel dauerte es nicht lange, bis die deutsche Mannschaft den Ausgleich erzielte. Der deutsche Youngster Florian Wirtz trieb den Ball gekonnt über viele Meter durchs Mittelfeld und bediente Stürmer Füllkrug. Der Dortmunder ließ Ozan Kabak aussteigen und traf zum 2:2.
“Viele haben es sehr gut gemacht, aber ein paar haben nicht dieses Emotionsniveau erreicht, um an die Grenzen zu gehen, das Spiel zwingend zu gewinnen.”
Bundestrainer Julian Nagelsmann
Für die Entscheidung sorgte dann der VAR. Bardacki spielte den Ball von rechts in den Strafraum, wo Havertz die Kugel an den leicht ausgestreckten Arm bekam. Schiedsrichter Bartosz Frankowski schaute sich die Szene auf Anraten des VAR noch einmal an und zeigte nach einer harten Entscheidung auf den Elfmeterpunkt. Yusuf Sari verwandelt den fälligen Strafstoß, obwohl Trapp am Ball war.
Nagelsmann sieht fehlende Emotionen
Der Bundestrainer sprach nach dem Spiel vor allem von einem Mentalitätsproblem. Der junge Coach vermisste “Emotionalität auf allen Positionen”. Nagelsmann weiter: “Viele haben es sehr gut gemacht, aber ein paar haben nicht dieses Emotionsniveau erreicht, um an die Grenzen zu gehen, das Spiel zwingend zu gewinnen.”
“Die Dreierkette beherrscht die deutsche Mannschaft nicht.”
Lothar Matthäus
Kapitän İlkay Gündoğan sprach ähnliche Probleme an: “Wir wurden zu lethargisch. Ich weiß nicht, warum wir dachten, dass es auch schon von alleine geht.” Rekordnationalspieler Lothar Matthäus analysierte das deutsche System: “Ich habe gedacht, das Ausprobieren ist vorbei. 4-2-3-1 sollte das Grundsystem sein. Die Dreierkette beherrscht die deutsche Mannschaft nicht.”
Tore:
1:0 Kai Havertz (GER, 5. Minute)
1:1 Ferdi Kadioglu (TUR, 38. Minute)
1:2 Kenan Yildiz (TUR, 45 + 2. Minute)
2:2 Niclas Füllkrug (GER, 49. Minute)
2:3 Yusuf Sari (TUR, 71. Minute)