Es war ein Fußballabend in der Schweiz, der das Prädikat „dramatisch“ mehr als verdiente. Im ausverkauften St. Jakob-Park in Basel verteidigten Englands Fußballerinnen in einem nervenaufreibenden EM-Finale erfolgreich ihren Titel. Sie feierten mit dem 3:1 im Elfmeterschießen gegen Weltmeister Spanien nicht nur den erneuten Triumph, sondern auch die Revanche für die bittere Finalniederlage bei der WM 2023.
Dabei hatte das Endspiel der UEFA Fußball-EM der Frauen alles, was ein Krimi braucht: Frühe Dominanz Englands, ein Rückstand, ein Ausgleich aus dem Nichts, Verlängerung, vergebene Großchancen. Und schließlich ein Elfmeterschießen, das an Dramatik kaum zu überbieten war. „Ich kann es einfach überhaupt noch nicht glauben“, sagte Englands Erfolgscoach Sarina Wiegman nach dem Spiel. Für sie war es bereits der dritte Titel bei einer Europameisterschaft in Folge, nach dem Triumph mit den Niederlanden 2017 und dem ersten englischen Titel 2022.
Inhaltsverzeichnis
Spanien geht durch England-Legionärin Caldentey in Führung
Das spanische Team begann im Finale nervös. Bereits in der 3. Minute musste Torhüterin Cata Coll einen frühen Rückstand gegen Alessia Russo verhindern. Wenig später spielte sie einen riskanten Ball direkt in die Füße von Lauren Hemp, die sie erneut prüfte. Doch trotz dieser Unsicherheiten war es Spanien, das das erste Tor erzielte. Nach einer Flanke von Ona Batlle köpfte Mariona Caldentey in der 25. Minute sehenswert zum 1:0 ein – ausgerechnet eine England-Legionärin vom FC Arsenal.
Fußball-Europameister Frauen seit 1984
England, ohnehin schon durch den verletzungsbedingten Ausfall von Lauren James kurz vor der Pause geschwächt, geriet zunehmend ins Hintertreffen. Die Spanierinnen zogen ihr typisches Passspiel auf, kontrollierten das Zentrum und ließen die „Lionesses“ kaum noch zur Entfaltung kommen. Nur die Halbzeitpause brachte den Titelverteidigerinnen etwas Zeit zum Durchatmen. Der zweite Durchgang des EM-Finales begann, wie der erste endete: mit spanischer Dominanz. Doch eine Szene änderte das Spiel. In der 57. Minute flankte Jokerin Chloe Kelly fast unbedrängt von rechts, Russo stieg hoch und köpfte zum Ausgleich ein. England war wieder da. Die Partie entwickelte sich nun zu einem offenen Schlagabtausch. Kelly scheiterte nur knapp (69.), auf der Gegenseite verpasste Claudia Pina die erneute Führung (74.).
Englands Chloe Kelly versenkt den letzten Elfmeter
In der Verlängerung häuften sich die Fehler und ausgelassenen Chancen, vor allem auf spanischer Seite. Salma Paralluelo hatte gleich zwei Gelegenheiten, den Titel zu sichern, doch sie verzog (105.+1, 111.). England blieb in dieser Phase defensiv stabil, aber offensiv harmlos. Offenbar mit dem klaren Ziel, das Elfmeterschießen zu erreichen. Dort zeigte sich einmal mehr: Wer Kelly hat, braucht keine Angst zu haben. Nachdem Torhüterin Hannah Hampton zwei Strafstöße von Caldentey sowie Aitana Bonmatí pariert hatte und Paralluelo daneben schoss, war es erneut Chloe Kelly, die Verantwortung übernahm. Wie schon im Finale der Europameisterschaft 2022 gegen Deutschland trat sie als letzte Schützin an und verwandelte eiskalt.
„Ich kann es einfach überhaupt noch nicht glauben. Es war das chaotischste Turnier, das ich jemals auf dem Spielfeld erlebt habe.“
Englands Nationaltrainerin Sarina Wiegman
Die Treffer von Greenwood, Charles und Kelly reichten den Engländerinnen zum 3:1-Erfolg im Elfmeterschießen. Auf spanischer Seite herrschte nach dem EM-Finale Enttäuschung. „Ich habe das Gefühl, dass wir eigentlich mehr verdient gehabt hätten“, sagte Kapitänin Irene Paredes. Doch ihr Stolz auf die Mannschaft überwog: „Insgesamt bin ich unheimlich stolz darauf, was wir erreicht haben.“ Für die „Lionesses“ war es ein hart erkämpfter Sieg gegen einen spielerisch überlegenen Gegner. Aber am Ende einer, der durch Mut, Kampfgeist und kühlen Kopf verdient war. England krönte sich erneut zur „Queen of Europe“. Mit einer Heldin im Tor und einer am Elfmeterpunkt.
Tore:
0:1 Mariona Caldentey (Spanien), 25. Minute
1:1 Alessia Russo (England), 57. Minute
Elfmeterschießen:
Beth Mead (England) verschießt
1:2 Patri (Spanien)
2:2 Alex Greenwood (England)
Mariona Caldentey (Spanien) verschießt
3:2 Niamh Charles (England)
Aitana Bonmati (Spanien) verschießt
Leah Williamson (England) verschießt
Salma Paralluelo (Spanien) verschießt
4:2 Chloe Kelly (England)