Die Schlagzeilen aus Berlin klingen nüchtern, die Brisanz steckt im Detail. Fernando Carro, Geschäftsführer von Bayer Leverkusen, ist neu in den Aufsichtsrat der Deutschen Fußball Liga (DFL) gewählt worden. Damit sitzt erstmals ein Vertreter eines Klubs im höchsten Kontrollgremium der Liga, der von der 50+1-Regel ausgenommen ist. Ein Vorgang, der nicht nur sportpolitisch, sondern auch juristisch große Wellen schlägt.
Bei der Generalversammlung der 36 Bundesliga- und Zweitliga-Klubs fiel die Entscheidung eindeutig aus. Fernando Carro, Geschäftsführer von Bayer 04 Leverkusen, wurde ohne Gegenkandidat und einstimmig in das Aufsichtsgremium berufen. Schon im Vorfeld hatte sich abgezeichnet, dass der Spanier, der auch in der europäischen Klubvereinigung ECA einflussreich ist, seine Machtbasis im deutschen Fußball erweitern würde. Bemerkenswert ist, dass die Wahl ausgerechnet zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem das Bundeskartellamt den Fortbestand der 50+1-Regel kritisch beäugt.
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Leverkusens Fernando Carro will Abschaffung der 50+1-Regel
Im Juni hatte die Behörde empfohlen, die Ausnahmen für Bayer 04 Leverkusen und den VfL Wolfsburg abzuschaffen. Bleiben diese bestehen, drohe der gesamten Regel das Aus. Kartellamtspräsident Andreas Mundt machte klar: „Es ist an den Klubs und der DFL, hier mit etwas zu kommen, was dem Wettbewerbsrecht entspricht.“ Für Leverkusen und Wolfsburg hieße das konkret, dass sie künftig mehr als 50 Prozent der Stimmrechte an ihre Stammvereine überführen müssten. Carro hatte die 50+1-Regel in der Vergangenheit immer wieder offen kritisiert. Dass er nun in der DFL-Aufsichtsratsrunde sitzt, verleiht der Debatte zusätzlichen Zündstoff. Kein Wunder also, dass organisierten Fanszenen am DFB-Pokal-Wochenende mit Transparenten unmissverständlich klarmachten: Für sie ist 50+1 nicht verhandelbar.
Präsidium des DFL e.V. ab September 2025
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(1. stv. Sprecher) | |
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Während Fernando Carro mit seiner Wahl für Spannung sorgt, steht Hans-Joachim Watzke für Kontinuität. Der Geschäftsführer von Borussia Dortmund, der im Herbst sein Amt beim BVB abgibt, wurde einstimmig als Sprecher des DFL-Präsidiums bestätigt – ebenfalls ohne Gegenkandidat. In seiner Rede ließ er keinen Zweifel an seiner Haltung: „Wir sollten alles dafür tun, dass 50+1 erhalten bleibt. Das ist für mich das Elementare unseres Volkssports.“ Watzke bleibt zudem Vorsitzender des DFL-Aufsichtsrats und vertritt den deutschen Fußball weiterhin als Vizepräsident beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) und in der UEFA.
„Wir sollten alles dafür tun, das 50+1 erhalten bleibt. Das ist für mich das Elementare unseres Volkssports. Da sollten wir alle für kämpfen.“
Hans-Joachim Watzke
Anne Baumann (Darmstadt 98) als erste Frau im DFL-Aufsichtsrat
Auch die übrigen Personalien verliefen unspektakulär. Freiburgs Finanzchef Oliver Leki wurde als erster Stellvertreter Watzkes bestätigt. Eintracht Frankfurts Axel Hellmann und FC Bayern-Boss Jan-Christian Dreesen komplettieren die Mitglieder-Vertretung der Fußball-Bundesliga im Präsidium. Aufseiten der Zweitliga-Klubs setzte sich Oke Göttlich (FC St. Pauli) durch, nachdem Konkurrenten wie Alexander Jobst (Fortuna Düsseldorf) ihre Kandidatur zurückgezogen hatten. Gemeinsam mit Holger Schwiewagner (SpVgg Greuther Fürth) und Steffen Schneekloth (Holstein Kiel) vertritt Göttlich als „Gesicht der 2. Liga“ die Interessen der Zweitligisten, obwohl St. Pauli bereits ins zweite Jahr der Erstklassigkeit geht.
Aufsichtsrat der DFL GmbH ab September 2025
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Neu besetzt wurde auch die Mitglieder des DFL-Aufsichtsrats. Neben Carro erhielten Eric Huwer (Hamburger SV) und Ralf Huschen (Hertha BSC) Mandate, Anne Baumann (SV Darmstadt 98) wurde als erste Frau DFL-Aufsichtsratsmitglied. Damit endet eine Phase ohne weibliche Führungspersönlichkeit in der DFL seit dem Abgang von Donata Hopfen. Ein besonderes Signal setzte die Liga mit der Dauer der Mandate. Erstmals gelten die Ämter für vier statt wie bisher drei Jahre. Eine Entscheidung, die Stabilität schaffen soll. Auch wenn die größte Herausforderung, die Zukunft von 50+1, weiterhin ungelöst bleibt.