Die deutsche Sportwelt steht unter Schock. Laura Dahlmeier, eine der erfolgreichsten Biathletinnen der Geschichte, ist tot. Die 31-Jährige kam am Montag (28. Juli) bei einer Expedition im Karakorum-Gebirge in Pakistan ums Leben. Ein Steinschlag beim Bergsteigen auf rund 5.700 Metern Höhe wurde ihr zum Verhängnis.
Die zweifache Olympiasiegerin und siebenfache Weltmeisterin war gemeinsam mit einer Seilpartnerin am Laila Peak unterwegs, einem 6.069 Meter hohen Gipfel, den sie im alpinen Stil bezwingen wollte – ohne zusätzlichen Support oder technische Sicherungen.
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Laura Dahlmeier: 15 Medaillen bei Biathlon-Weltmeisterschaften
Gegen Mittag Ortszeit lösten sich Felsmassen und trafen Laura Dahlmeier tödlich. Ihre Begleiterin setzte sofort einen Notruf ab, doch die Region ist abgelegen und schwer zugänglich. Erst am Morgen des 29. Juli konnte ein Militärhubschrauber die Unfallstelle am Laila Peak erreichen. Wegen der hereinbrechenden Dunkelheit wurde die Suche am Abend zunächst unterbrochen. Zwei Rettungsteams, unter ihnen auch der erfahrene Extremkletterer Thomas Huber, setzten die Bergungsaktion am Mittwochmorgen fort. Doch da war bereits klar: Die Hoffnung hatte sich zerschlagen. Die Bergung des Leichnams sei aktuell wegen der schwierigen Wetterumstände vor Ort mit einem zu hohen Risiko verbunden und nicht realisierbar, teilte Dahlmeiers Management mit.
„Die Rettungsaktion zur Bergung blieb erfolglos und wurde am Abend des 29. Juli eingestellt. Es war Laura Dahlmeiers ausdrücklicher und niedergeschriebener Wille, dass in einem Fall wie diesem, niemand sein Leben riskieren darf, um sie zu bergen. Ihr Wunsch war es, ihren Leichnam in diesem Fall am Berg zurückzulassen.“
Mitteilung des Managements von Laura Dahlmeier
Laura Dahlmeier war mehr als nur eine Athletin. Sie war ein Phänomen, das sich nie in den Vordergrund drängte. Ihr Debüt im Biathlon-Weltcup gab sie am 1. März 2013 in Oslo, ihren ersten WM-Titel holte sie 2015 in Kontiolahti mit der deutschen Staffel. Es folgten sechs weitere Goldmedaillen, drei silberne und fünf bronzene bei Weltmeisterschaften sowie insgesamt 20 Siege im Weltcup. Ihre vielleicht eindrucksvollste Saison hatte sie 2016/17, als sie sowohl den Gesamtweltcup als auch die Einzel- und Verfolgungswertung für sich entschied. Bei den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang krönte sie ihre Karriere mit Gold im Sprint und in der Verfolgung sowie Bronze im Einzel.
Biathlon-Erfolge von Laura Dahlmeier
Bronzemedaille 2018 (Einzel) |
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Silbermedaille 2015 (Verfolgung) Goldmedaille 2016 (Verfolgung) Silbermedaille 2016 (Massenstart) Bronzemedaille 2016 (Sprint, Einzel, Staffel) Goldmedaille 2017 (Verfolgung, Einzel, Massenstart, Mixed-Staffel, Staffel) Silbermedaille 2017 (Sprint) Bronzemedaille 2019 (Sprint, Verfolgung) |
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Die Berge als neue Erfüllung nach der Biathlon-Karriere
Doch trotz des Ruhms blieb sie bescheiden, sprach offen über mentale und körperliche Erschöpfung und zog sich 2019 überraschend mit nur 25 Jahren aus dem Profisport zurück. „Es war einfach zu viel“, sagte sie damals und wandte sich anderen Leidenschaften zu. Der Natur, dem Schreiben, der Expertinnenrolle beim ZDF – und vor allem dem Bergsteigen. In den Bergen fand Laura Dahlmeier eine neue Erfüllung. Sie ließ sich über zweieinhalb Jahre zur staatlich geprüften Berg- und Skiführerin ausbilden, eine der härtesten Qualifikationen im Alpinismus. Die Herausforderungen suchte sie nun in der Vertikalen. Im November 2023 bestieg sie den Himalaya-Gipfel Ama Dablam in Rekordzeit. Im Juli diesen Jahres erklomm sie den Great Trango Tower (6.287 Meter). Eine eindrucksvolle Leistung in einer der anspruchsvollsten Hochgebirgsregionen der Welt.
„Laura Dahlmeier war eine Botschafterin unseres Landes in der Welt, ein Vorbild für ein friedliches, fröhliches und faires Miteinander über Grenzen hinweg.“
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
„Deine Geschichte wird weiterleben, Laura.“
Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) auf „X“
„Sie war ein großes Vorbild in der Hinsicht, dass sie ihr Leben gelebt hat und sich überhaupt nicht von anderen Leuten beeinflussen ließ. Da war sie für mich eine Pionierin. Dass sie immer ihrer Leidenschaft gefolgt ist – das haben wenige geschafft, so wie Laura.“
Ex-Biathletin Magdalena Neuner
Doch der Sommer 2025 brachte extreme Bedingungen im Karakorum-Gebirge mit sich. Laut dem deutschen Bergexperten Stefan Nestler herrschten ungewöhnlich hohe Temperaturen und große Trockenheit, was zu massivem Steinschlag an nahezu allen großen Bergen führte. „Es war höllisch gefährlich, dort bergzusteigen“, sagte er dem Bayerischen Rundfunk. Auch Laura Dahlmeier war sich der Risiken des Bergsteigens bewusst. In Interviews sprach sie oft über die „Demut in den Bergen“ und warnte davor, sich selbst zu überschätzen: „Wer in die Höhe geht, muss wissen, dass er auch nicht zurückkommen kann.“ Diese Worte klingen nun wie eine dunkle Vorahnung. Und doch wird Laura Dahlmeier als eine Frau in Erinnerung bleiben, die ihre Wege mit Überzeugung und Leidenschaft gegangen ist – ob auf der Loipe oder in der Wand.