Es war das vielleicht dunkelste Kapitel der vergangenen Wintersportsaison. Mitten in der Heim-WM in Trondheim erschütterte ein Betrugsskandal das norwegische Skisprung-Team. Nun, fast fünf Monate nach dem Vorfall, kehren die beteiligten norwegischen Athleten zurück auf die Schanze. Und dies mit einem mulmigen Gefühl im Gepäck.
Am Samstag wollen Marius Lindvik, Johan Andre Forfang und Kristoffer Eriksen Sundal beim FIS Sommer Grand Prix im französischen Courchevel an den Start gehen. Es wäre ihr erster offizieller Wettkampf seit dem 8. März. Damals hatten heimlich gefilmte Videoaufnahmen belegt, dass an den Sprunganzügen von Lindvik und Forfang manipuliert wurde. Die Folge: Disqualifikation noch während der Titelkämpfe, Sperren für die gesamte norwegische Männerauswahl und die Entlassung von Cheftrainer Magnus Brevig.
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Erhält Skispringer Andreas Wellinger nachträglich WM-Gold?
„Wir sind sehr gespannt. Alle drei haben seit dem 8. März keinen Wettkampf mehr bestritten“, sagte Norwegens neuer Sportdirektor Jan-Erik Aalbu gegenüber dem norwegischen Sender NRK. Die Rückkehr ins Rampenlicht steht allerdings unter Vorbehalt. Der Weltverband FIS hat seine Untersuchungen zum Fall noch nicht vollständig abgeschlossen. Zwar liegt laut FIS der Abschlussbericht mittlerweile vor, die Entscheidung über mögliche Sanktionen gegen die Norweger steht aber noch aus. Die FIS-Ethikkommission prüft derzeit, ob es weitere Konsequenzen gegen einzelne Personen oder Organisationen geben soll.
Fédération Internationale de Ski (FIS)
Insgesamt hat der Verband im Rahmen der monatelangen Untersuchung 38 Zeugen befragt und 88 Beweisstücke ausgewertet. Laut FIS will man die Entscheidung „in den kommenden Tagen“ bekannt geben. „Ich hoffe, es kommt nichts mehr. Ich finde, wir sind schon genug bestraft worden“, sagte Olympiasieger Marius Lindvik vor dem Abflug nach Frankreich. Der 26-Jährige Norweger hatte bei der WM nachträglich die Silbermedaille von der Großschanze verloren. Sein Titel von der Normalschanze steht ebenfalls auf dem Prüfstand. Sollte ihm dieser noch entzogen werden, würde der deutsche Skispringer Andreas Wellinger nachträglich Gold erhalten.
„Ich hoffe, es kommt nichts mehr. Ich finde, wir sind schon genug bestraft worden.“
Marius Lindvik
Lindvik, Forfang und Sundal bestreiten weiterhin Manipulation
Die betroffenen norwegischen Athleten bestreiten weiterhin, von den Manipulationen gewusst zu haben. Die Hauptverantwortung für den Betrug wird dem Trainerstab um den entlassenen Chefcoach Brevig zugeschrieben. Auch der neue norwegische Cheftrainer Rune Velta äußerte sich zurückhaltend zur Lage: „Die Sperren wurden aufgehoben, also habe ich meine besten Athleten nominiert“, sagte er dem Sender TV2. Ob die Rückkehr der norwegischen Springer tatsächlich dauerhaft Bestand hat oder sich die Ethikkommission noch einmal einschaltet, bleibt offen.
Termine Vierschanzentournee 2025/26
Marius Lindvik und Co. hoffen auf einen Neustart ohne weitere Schatten der Vergangenheit. „Wir sind gemeldet. Also hoffe ich, dass alles gut geht“, so der Olympiasieger. Fest steht: Der Fall hat nicht nur sportlich, sondern auch strukturell Spuren hinterlassen. Der Anzugskandal der norwegischen Mannschaft von Trondheim bleibt ein Mahnmal und sein Nachhall könnte noch lange nachwirken. Auch bei den diesjährigen Skisprung-Saisonhighlights: der Vierschanzentournee, der Skiflug-WM in Oberstdorf und den Olympischen Winterspielen 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo.